
SEO-Experten beauftragen: Worauf IT-Entscheider wirklich achten sollten
Wenn Unternehmen heute über digitale Sichtbarkeit sprechen, landet das Gespräch unweigerlich bei Suchmaschinenoptimierung. Doch zwischen dem Wunsch nach Top-Rankings und der Realität technischer Umsetzung klafft oft eine Lücke, die selbst erfahrene IT-Teams nicht ohne weiteres schließen können. Die Entscheidung, externe SEO-Experten zu beauftragen, ist längst kein Marketing-Thema mehr – sie betrifft Kernbereiche der IT-Infrastruktur.
Die Schnittstellen-Problematik: Wo Marketing auf IT trifft
Moderne SEO erstreckt sich von Serverkonfigurationen bis zur Content-Strategie. Ein Beispiel: Core Web Vitals, Googles Nutzererlebnis-Metriken, verlangen nach optimierten Ladezeiten. Hier kollidieren Marketingversprechen mit technischen Realitäten. „Manche Agenturen verkaufen Geschwindigkeitsoptimierung als reines Plug-in-Problem“, beobachtet man in Hosting-Kreisen. „Dabei geht’s um Caching-Strategien, Ressourcenpriorisierung, manchmal sogar um Infrastruktur-Anpassungen.“
IT-Verantwortliche sollten deshalb genau hinschauen, welche Kompetenzen ein SEO-Dienstleister wirklich mitbringt. Kann er mit dem Entwicklungsteam über API-Integrationen sprechen? Versteht er die Implikationen von JavaScript-Rendering auf das Crawling? Diese Fragen entscheiden über Erfolg oder Frustration.
Transparenz als Lackmustest
Ein häufiger Reibungspunkt: die Blackbox-Syndrom. SEO-Agenturen liefern monatliche Reports voller grüner Pfeile – doch was steckt dahinter? „Wir fordern grundsätzlich Zugriff auf die Rohdaten“, sagt eine IT-Leiterin im E-Commerce. „Wenn ein Dienstleister das verweigert, ist das ein Ausschlusskriterium.“
Gute Partner arbeiten mit Tools, die IT-Abteilungen vertraut sind: Google Search Console, BigQuery-Exporte, nachvollziehbare Datenpipelines. Vage Formulierungen wie „wir optimieren die Domain Authority“ sollten Warnsignale auslösen. Konkrete technische Maßnahmen hingegen – Schema-Implementierung, Canonical-Tag-Korrekturen oder Logfile-Analysen – zeigen echte Expertise.
Die Server-Frage: Zugriffsrechte und Sicherheit
Ein neuralgischer Punkt: Serverzugänge. Muss der SEO-Experte wirklich FTP-Rechte haben? Oft genügt ein begrenzter Zugang zum CMS oder eine Staging-Umgebung. „Wir nutzen spezielle Entwickler-Tokens mit strengen Berechtigungsprofilen“, schildert ein Admin aus der Praxis. „Alles andere wäre fahrlässig.“
Hier zeigt sich die Spreu vom Weizen: Seriöse Anbieter haben klare Prozesse für Sicherheitsaudits und dokumentieren jede Änderung. Sie verstehen, dass Produktivsysteme keine Experimentierlabore sind.
Technische SEO vs. Content-Strategie: Das Doppelgesicht moderner Optimierung
Bei der Dienstleister-Auswahl wird oft übersehen, dass SEO zwei grundverschiedene Kompetenzfelder vereint:
- Technische Basisoptimierung: Hier geht es um Crawlability, Indexierbarkeit, Site-Struktur – die Infrastruktur-Ebene
- Content- und Marken-SEO: Themenrecherche, semantische Optimierung, Linkaufbau
Manche Agenturen beherrschen nur einen Teilbereich. IT-Teams sollten deshalb präzise definieren, wo der Hebel ansetzen soll: Braucht man jemanden, der die Angular-SPA für Crawler zugänglich macht? Oder sucht man Redakteure, die technische Themen verständlich vermitteln?
Ein interessanter Trend: Spezialisierte DevOps für SEO. Diese Anbieter konzentrieren sich ausschließlich auf die technische Ebene – von Hreflang-Implementierungen bis zur Migration von URL-Strukturen. Für komplexe Tech-Stacks oft die bessere Wahl als Allround-Agenturen.
Die Kostenfalle: Retainer-Modelle unter der Lupe
Viele Agenturen arbeiten mit Pauschalpaketen. Das birgt Risiken: Was passiert, wenn nach drei Monaten die technischen Optimierungen abgeschlossen sind? Zahlt man weiter für inhaltsleere Reports?
Erfahrene IT-Entscheider setzen auf projektbasierte Abrechnung oder klare Phasenmodelle:
- Technisches Audit (einmalig)
- Umsetzung kritischer Fixes
- Laufende Monitoring- und Content-Optimierung
Transparente Anbieter legen ihre Arbeitsweise offen: Welche Tools nutzen sie? Wie werden Prioritäten gesetzt? Ein gutes Indiz: Wenn jemand erklären kann, warum er zuerst an XML-Sitemaps statt an Meta-Tags arbeitet, versteht er die Hierarchie technischer SEO.
Google Ads und SEO: Die falsche Dichotomie
Ein alter Glaubenskrieg: Soll man Budget in organische Optimierung oder bezahlte Anzeigen stecken? Diese Frage ist obsolet. Erfolgreiche Unternehmen nutzen beide Kanäle – aber mit klarer Arbeitsteilung.
SEO-Experten sollten die Synergien erkennen: Welche Keywords bringen organisch keine Ergebnisse? Wo lohnt sich kurzfristiges Remarketing? Gleichzeitig nutzen kluge Teams Adwords-Daten für die SEO-Strategie. „Die Suchbegriff-Berichte aus Google Ads sind Gold wert“, meint ein Performance-Marketing-Leiter. „Sie zeigen uns, wie Kunden wirklich nach Lösungen suchen – oft ganz anders, als wir denken.“
Doch Vorsicht: Manche Full-Service-Agenturen drängen unnötig in beide Bereiche. IT-Verantwortliche sollten hier klare Trennungen vereinbaren oder spezialisierte Anbieter wählen.
Warnsignale: Wenn der SEO-Hut schwarz ist
Die Branche leidet unter unseriösen Anbietern. Typische Alarmzeichen:
- Garantierte #1-Rankings (unmöglich bei seriöser Arbeit)
- Undurchsichtige Linkbuilding-Strategien („wir haben Presseportale“)
- Plötzliche Traffic-Sprünge ohne erkennbare Maßnahmen
- Abwehrhaltung bei technischen Rückfragen
Besonders heikel: SEO-„Experten“, die keine Entwickler einbeziehen wollen. Gute Optimierung erfordert Teamwork – Backend-Entwickler müssen etwa Caching-Anpassungen vornehmen, während Frontendler JavaScript-Bundling optimieren.
Praxischeck: Die entscheidenden Fragen an potenzielle Partner
Vor Vertragsunterzeichnung sollten IT-Leiter diese Punkte klären:
- Wie integrieren Sie sich in unseren CI/CD-Prozess?
- Welche Zugriffsrechte benötigen Sie – und warum?
- Zeigen Sie Beispiele für technische Audits (anonymisiert)?
- Wie kommunizieren Sie mit unserem Entwicklungsteam?
- Welche SEO-Tools nutzen Sie – und können wir darauf zugreifen?
- Wie gehen Sie mit fehlerhaften Implementierungen um?
Ein Praxisbeispiel aus dem Mittelstand: Ein Maschinenbauer setzte auf ein Agenturmodell mit wöchentlichen Tech-Calls. Dabei besprachen SEO, Entwickler und Sysadmins gemeinsam Prioritäten. „Dieser direkte Draht verhinderte, dass Optimierungen im Backlog versanken“, resümiert der IT-Chef.
Nachhaltigkeit statt Quick Wins
Der größte Fehler: SEO als Projekt mit Enddatum betrachten. Suchalgorithmen entwickeln sich ständig, Konkurrenten ziehen nach, Technologien ändern sich. Wer Experten beauftragt, sollte auf Kontinuität setzen – aber mit klaren Exit-Klauseln.
Ein sinnvoller Ansatz: Knowledge-Transfer vereinbaren. Gute Agenturen schulen interne Teams, dokumentieren Maßnahmen und hinterlassen nachhaltige Strukturen. Das zahlt sich aus, wenn man später nur noch punktuell Unterstützung benötigt.
Nicht zuletzt sollte die IT-Abteilung ein Vetorecht bei riskanten Maßnahmen haben. Denn wer am Ende die Server warten und Sicherheitslücken schließen darf, steht außer Frage.
Fazit: Partnerschaft statt Dienstleistung
Die erfolgreiche Beauftragung von SEO-Experten scheitert selten am Fachwissen – sondern an der Schnittstellen-Kommunikation. IT-Entscheider sollten Partner wählen, die ihre Sprache sprechen und die betrieblichen Realitäten technischer Systeme verstehen.
Denn letztlich geht es nicht um Keywords oder Rankings, sondern um digitale Infrastruktur. Eine Website ist kein Werbeplakat, sondern ein komplexes System aus Servern, Code und Inhalten. Wer das begriffen hat, findet auch die richtigen Experten.